LSVD gehört beim Hissen der Regenbogenfahne dazu

Kritik an Ausladung durch Spandauer Bezirksamt

Als völlig unverständlich bezeichnet der Berlin Landesvorsitzende der Lesben und Schwulen in der Union (LSU), Mario Röllig, die Entscheidung des Bezirks Spandau, den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) vom Hissen der Regenbogenfahne am kommenden Donnerstag nachträglich auszuschließen.
(Copyright: Tobias Kleinlercher, Nutzung unter CC BY-SA 3.0)(Copyright: Tobias Kleinlercher, Nutzung unter CC BY-SA 3.0)

„Der LSVD war Ende der neunziger Jahre ein Vorkämpfer für das Hissen der Regenbogenfahne vor den Berliner Bezirksrathäusern. Leider stieß dies damals vor allem bei der CDU auf große Ablehnung. Heute gehören Regenbogenfahnen vor öffentlichen Gebäuden nicht nur in Berlin in der CSD-Saison ganz normal dazu. Das verdanken wir auch dem Engagement des LSVD. Deshalb sollte es selbstverständlich sein, dass Vertreter des LSVD zum Fahnenhissen offiziell eingeladen werden“, so Röllig.

Ursprünglich galt das auch für Spandau, doch nun scheinen die Uhren dort anders zu gehen: „Urplötzlich soll der Geschäftsführer des LSVD Berlin-Brandenburg, Jörg Steinert, einen Fragekatalog zur Verbandsarbeit und zu seinen persönlichen Einstellungen beantworten. Eine solche Gesinnungsschnüffelei ist skandalös.“

Dabei scheint sich die Spandauer Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte besonders an einem gemeinsamen Foto von Jörg Steinert und dem US-amerikanischen Botschafter in Deutschland, Richard Grenell zu stören. „Auch von mir gibt es solche Fotos, weil Richard Grenell beispielsweise den Stand der LSU beim letzten schwul-lesbischen Stadtfest in Schöneberg besucht hat. Ist jetzt auch die LSU in Spandau unerwünscht?“, fragt der LSU-Landesvorsitzende. Zu einer wirksamen Verbandsarbeit gehöre es selbstverständlich dazu, sich auch mit abweichenden politischen Meinungen auseinanderzusetzen. „Ein Gespräch mit dem US-Botschafter zum Anlass zu nehmen, die Person des Geschäftsführers des LSVD Berlin-Brandenburg persönlich anzugreifen, ist unglaublich und zeugt von einem mangelnden Demokratieverständnis.“

Zudem habe die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte wohl nur eine sehr eingeschränkte Sicht auf den US-Botschafter. „Zu seinen politischen Vorstellungen kann natürlich jeder stehen, wie er möchte. Aber niemand kann Richard Grenell absprechen, ein engagierter Fürsprecher für die LGBTI*-Bewegung zu sein“, so Röllig weiter. Dies gelte im Übrigen für viele US-Botschafter. „In etlichen Ländern Ost- und Südosteuropas stehen die US-Botschafter bei den Pride-Märschen in der ersten Reihe und verhindern so Übergriffe auf die Demonstranten.“

„Diese Spandauer Bezirksposse muss schleunigst beendet werden. Wir fordern den Bezirk auf, sich beim LSVD und seinem Berliner Geschäftsführer für diese Gesinnungsschnüffelei zu entschuldigen und ihn wieder zum Hissen der Regenbogenfahne einzuladen. Alles andere wäre ein großer politischer Fehler“, fordert der LSU-Landesvorsitzende. Zudem sollte der Spandauer Bezirksbürger-meister nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub seiner Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten die Grundregeln der demokratischen Willensbildung erklären. „Hier herrscht in Spandau wohl erheblicher Nachholbedarf“, so Röllig abschließend.

 

Hintergrund:

Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks Spandau hatte den Berliner Geschäftsführer des LSVD, Jörg Steinert, am 18. Juni eingeladen, beim Fahnenhissen vor dem Spandauer Rathaus einige Worte zur Stonewall-Bewegung zu sprechen. Dies ist in vielen Berliner Bezirken seit Jahren Praxis.

Wenige Tage später forderte sie ihn in einem umfassenden Katalog auf, zu verschiedenen politischen Fragen Stellung zu beziehen. Weil sich Jörg Steinert dem verweigerte, ist er im offiziellen Spandauer Programm zum Hissen der Fahne nicht mehr erwähnt.